Reciprocal Teaching mit Management Essentials an der Berufsakademie Sachsen

Reciprocal Teaching ist ein Ansatz, bei dem Lernende in die Rolle von Dozierenden eintauchen, um dadurch selbst intensiver zu lernen und anderen Lernenden Inhalte authentisch zu vermitteln. Dieser Idee folgend initiiert Prof. Dr. Torsten Forberg das Reciprocal-Teaching-Projekt an der Berufsakademie Sachsen bereits seit vielen Jahren. Der Clou daran ist, dass Studierende im dritten Semester des Studienganges BWL-Dienstleistungsmanagement den Erstsemestern betriebswirtschaftliche Grundlagen beibringen und dadurch auch ihre eigenen Kenntnisse vertiefen. Den Rahmen dafür – die konkrete betriebswirtschaftliche Situation – bietet unser einsteigerfreundliches Planspiel Management Essentials.

Rahmenbedingungen

25 Studierende im ersten Semester und 35 Studierende im dritten Semester nehmen am Reciprocal-Teaching-Projekt teil, welches in die Grundlagen BWL Lehrveranstaltung der Berufsakademie Sachsen eingebettet ist. Prof. Dr. Forberg betreut das Projekt bereits zum zwölften Mal. Die Erstsemester übernehmen die Geschäftsleitung innerhalb des Planspiels, das die Geschäftsumgebung eines Produktionsbetriebs für innovative On-Ear Kopfhörer simuliert. Die Drittsemester betreuen sie als Coaches und führen sie dadurch sowohl in die Betriebswirtschaftslehre als auch in die Welt der Planspiele ein.

Die Studierenden im dritten Semester unterstützen den Seminarleiter außerdem bei der Planung der Lehrveranstaltung und erstellen eine Broschüre mit betriebswirtschaftlichem Grundlagenwissen, die sie in elf Themenblöcke einteilen. Sie halten Vorträge über diese Themen, bringen den BWL-Neulingen die Wirtschaftssimulation näher, helfen ihnen bei der Entscheidungsfindung und teilen ihre eigenen Planspielerfahrungen mit ihnen. Insgesamt treten sieben Teams mit drei bis vier Studierenden pro Team auf zwei Märkten gegeneinander an.

Ziele der Veranstaltung

Das Reciprocal-TeachingProjekt vermittelt Studierenden Fach-, Methoden– und Sozialkompetenzen. Den Fokus richtet Prof. Dr. Forberg vor allem auf die Vermittlung betriebswirtschaftlicher Grundlagen. „Management Essentials“ sorgt dabei für den Transfer zwischen Theorie und Praxis. Die Studierenden erkennen unter anderem anhand der Wertschöpfungskette, des Finanzund Rechnungswesens und des Zusammenspiels der verschiedenen Abteilungen, wie ein Unternehmen funktioniert. Sie lernen die betriebswirtschaftlichen Grundlagen nicht einfach auswendig, sondern wenden sie in der Unternehmenssimulation aktiv an. Außerdem trainieren sie ihre Teamfähigkeit durch die gemeinsame Entscheidungsfindung innerhalb der Gruppen.

Den Kern-Nutzen des Reciprocal Teachings erkennt Prof. Dr. Forberg vor allem darin, dass sich die Studierenden aus den höheren Semestern intensiv mit betriebswirtschaftlichen Theorien, den Inhalten des Planspiels und möglichen Strategien auseinandersetzen müssen, um die Erstsemesterstudierenden kompetent zu beraten. Dadurch geben sie ihre Kompetenzen nicht nur weiter, sondern steigen auch selbst tiefer in die Thematik ein und festigen ihre vorhandenen Kenntnisse. Diese Synergie erkannte Prof. Dr. Forberg während seines eigenen Studiums, in welchem er bereits Trainings- und Lehraufträge annahm.

Während der Zeit als dualer Student wurde ich in meiner praktischen Ausbildungsphase in einer Bank damit beauftragt, den Azubis etwas beizubringen. Da habe ich gemerkt, dass es Spaß macht, Wissen zu vermitteln und dass man selbst viel dabei lernt. Ich nahm weitere Lehraufträge an und es zeichnete sich immer deutlicher ab, dass sich das Lehren positiv auf meine eigenen Kompetenzen auswirkt. Diesen Gedanken trug ich nach dem Studium in meine Lehre hinein, dachte mir das Reciprocal-Teaching-Projekt aus und führte dort nach einigen Durchgängen den Planspielgedanken als Setting ein.

Bewertung und Zusatzaufgaben

Auf Gewinnkriterien für das Planspiel verzichtet Prof. Dr. Forberg ganz bewusst. Entscheidend ist für ihn die Expertise, mit der die Teilnehmenden mit dem Unternehmen umgehen – unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Erfolg. Auch bei Problemen oder sogar im Falle einer Insolvenz sollen sie positive Impulse und nachhaltige Lernerfolge aus ihrer Planspielerfahrung ziehen. Im Planspiel können die Studierenden dementsprechend auch gewagte Strategien ausprobieren, ohne dabei um schlechte Bewertungen bangen zu müssen. Abschließend präsentieren sie ihre Unternehmensplanung und ihre erreichten Ziele, die sie mit den Zahlen aus dem Berichtswesen belegen.

Die Abschlusspräsentationen dienen vor allem der Reflexion über das eigene Vorgehen – sie fließen nicht in die Bewertung mit ein. Ihre Lernerfolge stellen die Studierenden am Ende der Veranstaltung im Rahmen einer Klausur mit Bezug auf das Planspiel unter Beweis, bei der sie ihre betriebswirtschaftlichen Grundlagenkenntnisse anwenden. Sie erhalten 4 ECTS-Punkte für die erfolgreiche Teilnahme. In einer Wortwolke wurden die Aussagen der Studierenden zusammengefasst, mit denen sie das Reciprocal-Teaching-Projekt beschreiben:

Zusatzaufgaben nutzt Prof. Dr. Forberg während des Planspiels vor allem in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, indem er individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden reagiert. So versetzt er sich beispielsweise in die Rolle des Aufsichtsrats und weist die Geschäftsführung eines Unternehmens auf Missstände hin, um die sie sich kümmern müssen. In der Rolle der Bank vergibt er hingegen Kredite oder macht die Teams darauf aufmerksam, dass ihr Unternehmen das Konto überzogen hat und handeln muss. Teils kommt es sogar zu feindlichen Übernahmen, wenn ein Team besonders gut wirtschaftet, während ein anderes Insolvenz anmelden muss. Online nutzt Prof. Dr. Forberg virtuelle Hintergründe, während er sich bei Präsenzveranstaltungen verschiedene Mützen aufsetzt, auf denen die jeweilige Rolle zu erkennen ist. Einige der Rollen, in die er sich und andere hineinversetzt, um Wirtschaft für die Teilnehmenden erlebbar zu machen, präsentieren wir in unserer Bildergalerie:

Präsenz, Online oder Blended Learning?

Das Reciprocal-Teaching-Projekt eignet sich für die Präsenzlehre, als reine Onlineveranstaltung oder auch als Blended Learning Konzept. Während der pandemischen Lage der vergangenen Jahre spielten die Teilnehmenden die ersten drei Planspielperioden beispielsweise im Rahmen eines Online Kick-offs. Während dieser ersten Phase sowie für die Besprechungen zwischen den Planspielperioden nutzten sie die Videokonferenzsoftware Zoom. Die restlichen drei Perioden spielten sie an zwei Tagen in Präsenz. Unabhängig vom jeweiligen Einsatzkonzept haben sie jeweils etwa 15 bis 30 Minuten Zeit, um ihre Entscheidungen in der TOPSIM – Cloud einzutragen. Dadurch lernen die Studierenden, sich auf die wesentlichen Kennzahlen bei der Geschäftsführung zu konzentrieren.

Awards

Im August 2023 wurden wir gemeinsam mit der Berufsakademie Sachsen von der Brandon Hall Group mit zwei Silber-Awards in den Kategorien „Best Use of Games or Simulations for Learning“ und „Best Use of Blended Learning“ ausgezeichnet.

Brandon Hall Silver Learning and Development Award 2023Brandon Hall Silver Learning and Development Award 2023

 

 

 

 

 

Ausblick

Prof. Dr. Forberg wird TOPSIM-Planspiele auch in den kommenden Jahren im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen einsetzen, um Studierenden und (Nachwuchs)-Führungskräften praxisnahe Lernerlebnisse zu bieten, ein tieferes Verständnis von Betriebswirtschaft zu schaffen sowie ihre Zusammenarbeit und Kommunikation zu fördern. Wir bedanken uns für die spannenden Einblicke in sein Reciprocal-Teaching-Projekt und freuen uns bereits jetzt auf die zukünftigen Planspieleinsätze der Berufsakademie Sachsen. Den Studierenden wünschen wir auch weiterhin viel Spaß und lehrreiche Erfahrungen mit unseren Simulationen!

 

 

Die TOPSIM – Night Challenge: Eine unvergessliche Nacht!

Die TOPSIM – Night Challenge: Eine unvergessliche Nacht!

Die allererste TOPSIM – Night Challenge war ein wahres Highlight, das mit der Hochschule Heilbronn – Campus Schwäbisch Hall organisiert wurde. Bei diesem mitreißenden Event übernahmen die Teilnehmenden von 20 bis 2 Uhr die Geschäftsführung eines simulierten mittelständischen Unternehmens und versuchten sich im Wettbewerb gegen die anderen Teams zu behaupten.